Eine zwölfjährige Schülerin hat Ende letzte Woche auf dem Internetplattform von Baidu für viel Aufsehen gesorgt: Sie hat in ihrem Geschichtsbuch einen Fehler entdeckt. Darin befindet sich ein Bild von Qu Yuan 屈原 (ca. 340-278), dessen Gewandkragen auf der linken Seite zusammen gebunden ist:

Nun fragen Sie sich, was am Bild nicht stimmt?
Qu Yuan war ein Poet und Staatsmann der Zhanguo-Zeit (475-221 v.u.Z.). In der Volksrepublik China gilt er als der Vorzeige-Patriot. Am Drachenbootfest wird er heute noch immer geehrt.
Seit der Zhou-Zeit (1045-221 v.u.Z.) banden die Han-Chinesen, und solche die das Brauchtum der Han übernommen haben, ihre Gewandkragen auf der rechten Seite des Brustkorbes. Nur Tote und einige ethnische Völker in China trugen ihr Gewand mit Kragenverschluss auf der linken Seite. Die Kragenart galt einst als Unterscheidungsmerkmal zwischen den Han-Chinesen und nicht konvertierten Minoritätenvölkern. Die letzteren wurden früher als ‚Barbaren’ bezeichnet. Kurz erklärt, suggeriert die Abbildung im Geschichtslehrmittel also eigentlich ungewollt, dass Qu Yuan, der Modellpatriot Chinas, wahrscheinlich ein ‚Barbar’ war.
Wie konnte nun so ein Fehler dem Lehrmittel unterlaufen, das bereits in der zweiten Auflage erschien, und dessen wichtigste Aufgabe es ist, korrekte Inhalte zu vermitteln?
Ein Journalist ging dem auf den Grund. Er liess sich den Kragenbrauch von einem Experten erklären und fragte beim betreffenden Verlag nach. Es stellte sich heraus, dass das Mädchen Recht hatte mit dem Kragen und der Zuständige beim Verlag das Bild von Qu Yuan aus ästhetischen Gründen gedreht hatte: Beim Originalbild würde Qu Yuan aus dem Buchrand blicken und das Gesamtbild stören.
Jaja, die gute alte Ästhetik!
Der Verlag gestand aber den Fehler und das Bild wird nun in der neuen Auflage berichtigt. Wer nun glaubt, dass die ganze Aufregung sich gelegt hat, hat sich getäuscht. Die Fehlersuche in der Netzwelt geht munter weiter. Im chinesischen Volksmund heisst es schliesslich:
宁穿破,勿穿错。 | Nìng chuān pò, wù chuān cuò. | Trage lieber kaputte Kleider als falsche. |
