Als chūnyùn 春运 (wörtlich Frühlingstransport) bezeichnet man die Hauptverkehrszeit des Frühlingsfestes 15 Tage vor dem Fest und 25 Tage danach. Dieses Jahr beginnt sie somit am 26. Februar und endet am 6. März. Schätzungsweise werden an der diesjährigen Massenbeförderungszeit etwa dreimal so viele Reisende erwartet als das Land überhaupt an Bevölkerung hat. Bei so einem Phänomen mit jährlich immer noch steigender Tendenz werden die Journalisten im Land schon vor dieser Reisehochsaison an verschiedene Orte hingeschickt um darüber zu berichten. Auffällig sind dabei die überflutenden Texte rund um die begehrten Zugfahrkarten. Bei den meisten gilt schliesslich die Zugfahrt als erste Wahl für die Heimreise oder um die Verwandtschaft zu besuchen, da sie vergleichsweise bequem, sicher und preiswert ist.
Für dieses Jahr werden 235 Millionen Zugfahrgäste erwartet, was einen Zuwachs von 6.1% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Täglich sollen also in dieser Zeit fünf bis sieben Millionen Menschen mit dem Zug befördert werden. Zugbillets kann man dieses Jahr übers Internet oder per Telefon bereits zwanzig Tage und am Bahnschalter oder Vertretungsverkaufsstellen 18 Tage im Voraus kaufen. Der Vorteil von zwei Tagen für Telefon und Internet soll dabei die langen Warteschlangen an den Schaltern verhindern. Tatsächlich scheint diese Massnahme zu greifen, da dieses Jahr keine langen Stehschlangen über Nacht zu beobachten sind. Aber dennoch gibt es negative Stimmen hierzu, da Leute die mit moderneren Techniken nicht zurechtkommen, benachteiligt werden könnten. Aber auch viele Internetnutzer sind nicht zufrieden, da die einzige offizielle Online-Verkaufsstelle der Bahn zeitweise durch Besucher überrannt ist und somit zur Systemüberlastung führt. Die Unterbrüche und der Unmut der Kunden sind aber eigentlich nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Seite zurzeit täglich zwei Milliarden Mal angeklickt wird und am Tag dann jeweils ‚nur’ über 2.4 Millionen Zugfahrkarten verkauft werden können. Der Ärger muss enorm sein, wenn man am Ende des mehrmaligen Besuchs auf der Webseite doch keine Fahrkarte erhält. Das Problem mit den Tickets kann aber letztendlich ohnehin nicht gelöst werden, da die Bahn schlicht nicht die Kapazität hat diese jährlich konzentrierte Nachfrage nach zu kommen. Der Staat hat dieses Jahr zwar die Gebühren für Personenwagen auf den gebührenpflichtigen Autostrassen für das Frühlingsfest erlassen, damit mehr Personen ihre Reise per Auto unternehmen. Dennoch werden einige, vor allem sozial Benachteiligte, an diesem wichtigsten und traditionsreichsten Fest des Jahres nicht oder nicht rechtzeitig zu Hause mit ihrer Familie feiern können.
Interessant zu erwähnen ist noch, wie die Bahn die Reisegruppen in dieser Zeit unterscheidet. Sie unterteilt sie in:
– Studenten, die in den Winterferien nach Hause kehren
– Arbeiter, die für das Frühlingsfest heimreisen
– Gemischte Gruppe, die ihre Verwandten traditionell in diesem Zeitraum besuchen gehen
Diese einfache Unterteilung zeigt nicht nur die Hauptgruppen der Fahrgäste, sondern erklärt auch teilweise weshalb der enorme Fahrandrang nicht nur in der Woche des Frühlingsfestes fällt, sondern sich auf ganze 40 Tage ‚Frühlingstransport’ ausdehnt.