In der Zeit des Qingming-Festes


Das Qingming-Fest 清明节 findet jährlich meist am 4., 5. oder selten auch am 6. April statt. Dieses Jahr fällt es auf den 5. April, also auf vorgestern. Um diese Zeit besucht man das Grab der Ahnen, säubert es, bringt Opfergaben und erweist seine Dankbarkeit.

Dieses Jahr findet man vor dem Fest auf dem Internet zahlreiche Firmen, welche für diese Tradition eine Dienstleistung anbieten: Für bis über Tausend Renminbi organisieren diese Firmen einen Besuch beim gewünschten Grab und übernehmen allerlei Aufgaben welche der Auftraggeber selbst vor Ort gerne ausführen würde. Gar das Grab zu beweinen kann man in Auftrag geben. Um zu beweisen, dass sie diese Aufgaben auch wahrhaftig durchführen, werden Fotos während dem ganzen Prozess gemacht oder ein Video gedreht. Aber diese Dienstleistung scheint mehr Empörung auszulösen als Kunden anzulocken. Schlimmer noch als diese Dienstleistung empfinden viele die in den letzten Jahren immer mehr aufkommende und stets übertriebenere zur Schaustellung des eigenen Reichtums bei dieser eigentlich persönlichen Gedenkfeier. So findet man auf dem Markt neben dem traditionellen Papiergeld allerlei Luxusartikel aus Papier von teuren Autos bis mehrstöckigen Villen oder Modeartikel, welche leicht tausende von Yuan kosten können. Eine andere Modeströmung, die hingegen an Popularität und Sympathie gewinnt ist das Streben nach einer ökologischen Durchführung des Festes. Statt viel Papier zu verbrennen, Knallkörper und Räucherstäbchen anzuzünden, bringt man frische Blumen gewunden um einen Stoffband. Dabei ist die Farbe des Stoffbandes wichtig, weil sie einen Wunsch ausdrückt.

Lässt man aber die Modeströmungen beiseite, die stark mit der heutigen Situation in China verbunden sind, so ist Qingming ein Fest, das mit dem Frühling, der Aussaat, dem Reisen und Gedenken an die Ahnen assoziiert wird. Schon der Tang-zeitliche Dichter Du Mu 杜牧 (803–852) hat die Zeit des Qingming wie folgt festgehalten:

清明时节雨纷纷,
路上行人欲断魂。
借问酒家何处有?
牧童遥指杏花村。
Qīngmíng shíjié yǔ fēnfēn,
lùshang xíngrén yù duànhún.
Jièwèn jiǔjiā héchù yǒu?
Mùtóng yáozhǐ xìnghuācūn.
In der Zeit des Qingming regnet es viel,
der Reisende unterwegs wird tief trauern.
Darf ich fragen, wo es ein Gasthaus gibt?
Der Hirtenjunge zeigt mit dem Finger fern in die Frühlingslandschaft.

Wie man das Gedicht auf Chaoshan-Dialekt liest, findest du hier.