Das Duanwu-Fest wird bei uns gängig als Drachenbootfest übersetzt, obschon die beiden Schriftzeichen duān 端 und wǔ 午 weder mit Drachen noch mit Booten zu tun haben. Das Fest hat in China heute bis über zwanzig Bezeichnungen, worunter sich auch der Name Lóngzhōujié 龙舟节 befindet, das wörtlich tatsächlich mit Drachenbootfest zu übersetzen ist. Auch die Tradition, dass am Tag des Festes ein Drachenbootrennen stattfindet, ist in China vor allem im Süden verbreitet. Die allgemein bekannte Bezeichnung für das Fest ist Duānwǔ. Aber was bedeuten diese zwei Schriftzeichen eigentlich? Schaut man im Wörterbuch nach, so findet man für duān Begriffe wie Ende oder Punkt und für wǔ beispielsweise Mittag oder es ist auch das siebte Zeichen im Erdzweigsystem des traditionellen Kalenders. Zusammen ergeben sie heute jedenfalls keinen sinnvollen Eintrag.
Die frühste Überlieferung in welchem man das Wort duānwǔ findet, ist in der Fēngtǔjì 风土记 (Aufzeichnung über Gebräuche der Ortschaften) von Zhou Chu 周处 (238–299) der Westlichen Jin-Zeit (265–316). Dieses Werk dient heute noch als wichtiges Nachschlagewerk, wenn man mehr über die alten Feste und Gebräuche in Erfahrung bringen will. Darin steht unter anderem, dass Duānwǔ der 5.5. ist und den Sommer einläutet. Duān enthält im Altchinesischen die Bedeutung Beginn. Die ersten 5 Tage des 5. Monats wurden früher mit duān beginnend bezeichnet. Der erste Tag des 5. Monats nannte man also duānyī 端一, der zweite duān’èr 端二 und so weiter bis zum 5. Tag. Der chinesische Kalender wird mit Himmelsstämmen und Erdzweigen errechnet. Der 5. Monat nennt man wǔyuè 午月 das wǔ kommt vom siebten Zeichen des Erdzweigsystems und yuè steht für Monat. Die Schriftzeichen wǔ 午 von Duānwǔ und wǔ 五 von Fünf sind auch phonetisch nicht nur identisch, sondern wurden damals auch als Synonyme verwendet. Kurz gesagt, bedeutet Duānwǔ also der 5. Tag des 5. Monats im chinesischen Kalender.
Das Duanwu-Fest findet heute noch am 5.5. des traditionellen Kalenders statt. Umgerechnet auf den Gregorianischen trifft es dieses Jahr auf den 2. Juni. Also findet es am kommenden Montag statt.
So viele Namen wie das Fest heute besitzt, umgeben ihm auch nicht wenige Legenden. Die bekannteste darunter ist wohl die vom treuherzigen Beamten und Dichter Qu Yuan 屈原 (340–278), der von seinem König ausgewiesen wurde und sich am 5.5. im Fluss Miluo 汨罗 (in der heutigen Provinz Hunan) sein Leben nahm. Das Volk trauerte über den grossen Verlust und warf Reisklösse in den Fluss, um den Leichnam des beliebten Staatsbeamten von den Fischen unversehrt zu bewahren. So soll auch die Tradition des Zongzi-Essens an diesem Tag entstanden sein. Zòngzi 粽子 sind übrigens salzig oder süss gefüllte Klebreispyramiden gebunden im Schilfblatt. Im Norden erhalten die Zongzi eher süsse Füllungen wie rote Bohnen oder Datteln und im Süden eher salzige wie Fleisch und Nüsse. Weitere Bräuche an diesem Tag ist z.B. das Trinken von Realgar-Wein. Bei Kindern wird dieser Wein gar an Ohren, Stirn, Nase, Hand und Fuss aufgetragen, um sie vor bösen Geistern und Krankheiten zu beschützen. Für den gleichen Zweck tragen Kinder an diesem Tag auch ein Duftsäcklein bei sich, die mit einer Heilpflanzenmischung gefüllt ist. Denn früher erkrankten viele Menschen um diese Jahreszeit. Man hängt darum auch ein Bund Beifusszweige und Kalmus an ihren Haustüren, um die ganze Familie vor dem Bösen zu bewahren.
Will man das Duanwu-Fest kurz beschreiben, so ist es heute ein Fest, an dem man der frühen Helden gedenkt, den Sommer einläutet, manch alte sehr regionale Bräuche zelebriert, aber für viele ist es auch ein Fest, an dem man ein paar Tage frei hat, um sich auszuruhen oder mit der Familie etwas unternehmen zu können.