Diaosi 屌丝 – Loser oder nicht Loser?


Diese Woche ist zum ersten Mal ein Bericht über die Lebensumstände der diǎosī 屌丝(‚Verlierer’) von der Peking Universität erschienen. Der Begriff diaosi ist erstmals im Jahre 2012 in Mode gekommen und ist ein Jargon aus dem Internet. Er umfasst ursprünglich die Menschengruppe mit den Eigenschaften klein, dick, arm, dumm, hässlich und grob. Manchmal werden für den Begriff auch die zwei homophonen Schriftzeichen diàosǐ 吊死 verwendet, welche als ‚sich erhängen’ übersetzen lassen. Mittlerweile hat sich aber das pejorative an dem Terminus wie in Luft aufgelöst und jeder bezeichnet sich gerne mal selbst als diaosi. Ein Hauch von Coolness und Selbstironie hat sich also in das Wort eingeschlichen. Die zwei Schriftzeichen diǎo 屌und丝, die wörtlich zusammen einst eher als ‚das männliche Glied in Julienne geschnitten’ verstanden werden könnte, kann nun durchaus als das „seidene Glied“ erfasst werden, da das Schriftzeichen 丝 neben der Bedeutung ‚feine Streifen’ schliesslich auch die der ‚Seide’ trägt.

Aber welche Menschengruppe umfasst der Begriff diaosi im eingangs erwähnten Bericht eigentlich?

Für den Bericht wurden über 210 Tausend Menschen zwischen 21 und 30 Jahren befragt, die als einfache Angestellte arbeiten. Über 60 Prozent dieser Teilnehmenden würden sich selbst als diaosi bezeichnen.

Die männlichen diaosi sind gängig zwischen 21 und 25 Jahre alt und die weiblichen zwischen 26 und 30. Sie sind üblicherweise alleinstehend, kommen aus einer anderen Ortschaft, haben kaum Guthaben auf dem Bankkonto und verdienen durchschnittlich knapp 3000 RMB pro Monat. Der Lohn ist eher tief, wenn man ihn beispielsweise mit dem Durchschnittseinkommen von Peking vergleicht, das im Jahre 2013 gegen 6000 RMB ist. Das Leben der diaosi ist einfach gehalten: Sie geben für drei Mahlzeiten pro Tag weniger als 39 RMB aus, manche schaffen es gar unter 10 RMB (keine zwei Fanken!) einen Tag und haben eine Monatsmiete unter 500 RMB. Oft gehen sie kaum aus und schicken monatlich durchschnittlich über einen Drittel ihres Lohnes an den Eltern und vermissen vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen am fremden Ort. Der grosse Teil der diaosi sind beruflich in der Land- und Forstwirtschaft tätig, gefolgt von denen im Verkauf.

Geht man von den Angaben des Berichts aus, so umfasst die Gruppe diaosi hauptsächlich junge ledige Menschen, die wohl aus wirtschaftlichen Gründen ihren Heimatort verlassen haben, um ihre Familie zu Hause finanziell unterstützen zu können.

Der Begriff diaosi kann also mittlerweile gar für eine soziale Schicht stehen, diese als Loser zu bezeichnen, wäre also sicher nicht adäquat.