Am 13.10.2012 konnte man Mo Yan auf Tencent Mikroblog (Téngxùn wēibó 腾讯微博) 30 Minuten lang Fragen stellen. Da ich dieses „Interview“ lesenswert fand, hab ich es hier kurzerhand übersetzt. Die meisten Mikroblogger (Mb) gratulierten Mo Yan zuerst bevor sie ihre Frage stellten, hier wird dieser Teil aber jeweils weggelassen:
Mb: Was halten Sie davon, dass man in Ihrem Heimatdort eine Erinnerungsstätte für Sie errichten will?
Mo Yan: Sie wollen nicht eine Erinnerungsstätte bauen sondern ein Literaturzentrum. Eigentlich hoffe ich nicht, dass so ein Zentrum dort gebaut wird, aber da man dort schon soviel Arbeit und Anstrengung hineingesteckt hat, will ich mich auch nicht gross einmischen.
Mb: Haben Sie gedacht, dass der Film ‚Das rote Kornfeld’ so bekannt wird? Oder was hat dieser Film bei Ihnen für einen Stellenwert?
Mo Yan: Als ich den Roman damals geschrieben habe, war ich noch jung. Wenn ich ihn heute wieder lese, dann sehe ich einfach sehr viele ungenügende Stellen und weiss auch, dass ich so etwas nicht mehr schreiben kann. Als wir damals den Film dazu gedreht haben, haben weder Regisseur, Schauspieler noch ich gedacht, dass er mal so erfolgreich und einflussreich sein wird.
Mb: Werden Sie nun über das Leben in der Stadt schreiben oder weiterhin mit Ihren Erfahrungen über das Dorfleben schreiben?
Mo Yan: Ich werde ein Buch schreiben, das Stadt und Land verflochten erzählt.
Mb: Was hat Sie vor dem Literatur-Nobelpreis am meisten bewegt?
Mo Yan: Ich habe einst eine Erzählung geschrieben mit dem Titel ‚Chinakohl verkaufen’ (Mài báicài 卖白菜). Darin sind meine Erinnerungen aufgezeichnet wie ich als Junge mit meiner Mutter auf den Markt Chinakohl verkaufen ging. Damals habe ich einer alten Dame ein Mao (1 Mao = gut 1 Rappen) zu viel berechnet und wurde daraufhin von meiner Mutter ausgeschimpft. Diese Geschichte hat mich sehr geprägt. Wenn ich heute daran denke, schäme ich mich immer noch dafür.
Mb: Mit dem Literaturnobelpreis haben Sie nun schon so viel Ehrung erhalten, was haben Sie nun noch für Ziele und persönlichen Anspruch?
Mo Yan: Mein erster Anspruch ist es möglichst bald diese Sache zu vergessen und meine nächste Arbeit gut zu schreiben.
Mb: Wenn Sie im Dezember den Preis in Schweden abholen gehen was wird der erste Satz in Ihrer Dankesrede sein?
Mo Yan: Ich weiss es im Moment noch nicht. Ich werde morgen schauen, was meine Vorgänger im ersten Satz jeweils gesagt haben und dasselbe sagen.
Mb: Sie sehen einfach und ehrlich aus. In welcher Sprache werden Sie die Dankesrede in Schweden halten?
Mo Yan: Die äussere Erscheinung ist oft auch das Abbild des Geistes, ich kann sie nur auf Chinesisch halten.