Pan’gu erschuf die Welt


Pangu 1
Pangu 1

Vor langer, langer Zeit als der Himmel und die Erde noch nicht getrennt waren, glich das Universum wie zusammengepresst in einem kolossalen Ei. Es war diffus und dunkel. Aber in diesem «gigantischen Ei» war es nicht einfach Altwasser, sondern darin wuchs ein herausragender Held heran, namens Pan’gu.

Ganz ruhig schlief Pan’gu tief in diesem «enormen Ei». Bis er reif war, dauerte es ganze 18’000 Jahre.

Eines Tages erwachte er plötzlich.

Er bemühte sich seine Augen zu öffnen, jedoch…

Pangu 2
Pangu 2

…verklebte etwas sein unteres Augenlid. Er wollte niesen, aber innerhalb der Schale gab es keine Luft zum Atmen. Auch konnte er seine Sehnen und Knochen nicht aktivieren, da die Hülle ihn eng umschloss und ihm keine Bewegungsmöglichkeit gab.

«Himmel, an was für einen unmöglichen Ort stecke ich hier fest?» dachte sich Pan’gu. In seinem Herzen wuchs auf einmal eine ungeheure Wut. Er benutzte all seine Kräfte und streckte seine Ellbogen und trat mit den Beinen. Man wusste gar nicht, von woher er plötzlich eine riesige und scharfe Axt herhatte, mit der er im Dunkeln wild um sich schlug. Man hörte nur einen ausserordentlich lauten Knall als würde der Himmel herabstürzen und die Erde auseinanderbersten.

Und siehe da: die Schale des «Rieseneis» bekam Risse. Als er jedoch die Augen aufmachte, waren oben, unten, links, rechts und in allen Richtungen alles immer noch dunkel und diffus. Er konnte nichts erkennen. Pan’gu wurde nervös. Er ballte seine Fäuste zusammen und schlug ein. Er hob seine Füsse und trat. Seine Arme und Beine waren grob und kräftig. Als wären sie aus Eisen geschmiedet.

Pangu 3
Pangu 3

Durch sein vehementes Treten und Schlagen löste sich seine Zeit von 18’000 Jahre in der diffusen Dunkelheit auf. Urplötzlich ragte eine grosse Luftblase aus dem Matsch heraus. In der Luftblase quoll wuchtig eine durchsichtige Substanz heraus. Sie stieg unaufhörlich in die Höhe bis sich daraus ein erfrischender Himmel entstand. Gleichzeitig tropfte allmählich eine trübe schwere Masse von Pan’gus Füssen herunter, aus welcher die unebene Erde entstand.

Sobald Himmel und Erde sich getrennt hatten, fühlte Pan’gu sich wesentlich wohler. Er atmete tief durch und wollte aufstehen. Aber just in diesem Moment schien der Himmel nicht einverstanden zu sein mit seiner Trennung zur Erde. Wie ein grosser Deckel drückte er nieder bis er den Kopf der Erde berührte. Pan’gu wollte aber nicht wieder in diese Dunkelheit eingehüllt werden. So richtete er seinen dicken und soliden Brustkasten auf und schwang sich sicher auf die Beine. Er streckte auch seine starken Arme aus und verhinderte den Himmel sich wieder mit der Erde zu vereinen.

Pangu 4
Pangu 4

«Wahrscheinlich sind Himmel und Erde momentan noch nicht stabil. Sie werden wohl nach Gelegenheit suchen, um sich wieder zu vereinen, wenn ich mal unaufmerksam bin. Das muss ich unbedingt verhindern.» bis hierhin überlegend, dachte Pan’gu, dass er unbedingt wachsen, wachsen und nochmals wachsen musste!

Danach passierte etwas Wundersames: Sein Körper wuchs jeden Tag um mehr als drei Meter, während Himmel und Erde sich täglich auch um diese Strecke voneinander entfernten. Je weiter nach oben der Himmel sich bewegte, desto grösser wurde auch Pan’gu. Die Hände den Himmel stützend und die Füsse den Boden stemmend wuchs Pan’gu in dieser Pose kontinuierlich für 18 tausend Jahre. So lag der Himmel nun 90 tausend Li entfernt von der Erde und Pan’gu wurde selbst zu einem 90 tausend Li grossen Riesen. Der Himmel stand nun endlich stabil hoch über die Erde. Pan’gu konnte seine Arme schliesslich senken und legte sich mit seinem gigantischen Körper auf den Boden nieder.

Pangu 5
Pangu 5

Aber wer hätte das gedacht? Während Pan’gu ohne zu essen und trinken sich gegen den Himmel aufbäumte, merkte er seine Erschöpfung gar nicht. Als er sich dann endlich hinlegte, wachte er nicht mehr auf.

Bei der Schöpfung der Welt hatte Pan’gu seine ganze Kraft bis auf den letzten Tropfen Schweiss aufgebraucht. Im Schlaf dachte er sich: «Der Himmel hat das Licht. Die Erde bewegt sich nicht. Ich muss zwischen Himmel und Erde noch Sonne, Mond, Berge, Flüsse, die Menschheit und alles Lebende erschaffen.» Aber er hatte keine Kraft mehr, um das Erdachte noch selbst umzusetzen. Im letzten Atemzug sagte er sich noch: «Ich überlasse meinen Körper der Welt!»

Danach entstand aus dem Kopf von Pan’gu das Ostgebirge, aus seinen Beinen das Westgebirge, aus seinem Körper das Zentralgebirge, aus seinem linken Arm das Südgebirge und schliesslich aus seinem rechten Arm das Nordgebirge. Diese fünf heiligen Berge setzten die vier Ecken und das Zentrum der Welt fest. Sie ragten wie kolossale Steinsäulen aus der Erde heraus, welche je eine Ecke des Himmels stützten.

Ausserdem entstand aus dem linken Auge von Pan’gu die strahlende Sonne, welche weit oben am Himmel hing und tagsüber der Welt Licht und Wärme schenkte. Aus Pan’gus rechtem Auge entstand der helle Mond, welche die Nacht erhellte.

Pangu 6
Pangu 6

Aus den Haaren und Augenbrauen von Pan’gu entstanden die Sterne, die den Mond begleiteten und mit ihm wanderten.

Die Luft, welche aus seinem Mund kam, verwandelte sich in Frühlingswind, Wolke und Nebel, die alles Leben wachsen liess. Aus seiner Stimme wurde Blitz und Donner, aus seinen Muskeln entwickelten sich die Felder und Wiesen, aus seinen Meridianen die Wege und aus seinen Händen und Füssen Berge und Gipfeln. Das Skelett und die Zähne von Pan’gu verwandelten sich zu Metallen wie Gold, Silber und Steinschätze. Sein Blut wurde zu quellenden Flüssen und Bächen. Aus seinen Schweisstropfen wurden Regen und Tau. Blumen, Gräser und Bäume keimten aus seiner Körperbehaarung heraus. Und schliesslich aus seiner Seele bildeten sich alle Tierarten heraus.

Von da an gab es am Himmel Sonne, Mond und Sterne und auf dem Land Berge, Gewässer, Fauna und Flora. Zwischen Himmel und Erde entstand eine neue Welt. An Pan’gu, den Schöpfer der Welt, erinnert man sich bis in alle Ewigkeiten.

Fortsetzung folgt…

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